Zuversichtlich ins neue Jahr

Blicken Sie zuversichtlich und optimistisch ins neue Jahr? Oder gehen Sie vorsichtshalber lieber vom Schlimmsten aus?

Der Jahreswechsel ist für mich ein besonderer Moment. Wir verbringen den Abend mit Menschen, die uns etwas bedeuten - spielen, reden, essen gemeinsam. Kurz vor Mitternacht breitet sich Aktionismus aus: anziehen, Gläser und Champagner richten, raus gehen. Die ersten Böller knallen schon, wir zählen herunter bis es Mitternacht ist, umarmen uns, wünschen uns ein frohes Jahr. Wenn dann die Kirchenglocken läuten und wir in den Himmel schauen, bin ich leicht ergriffen. Abschied nehmen von einem Jahr mit Höhen und Tiefen, das Bekannte loslassen und hinein in das Abenteuer eines neuen Jahres. Nicht wissen, was dieses Jahr bringt und doch voller Zuversicht und Optimismus, dass es gut werden möge.

Allgemeine Verunsicherung
Ich hatte im letzten Jahr einige Seminaranfragen zu Themen rund um Optimismus, Zuversicht, Resilienz und positivem Denken. Was die Personalentwicklungen umtrieb, war die Frage, wie Sie Ihre Mitarbeitenden dabei unterstützen können, in der anhaltenden Corona-Krise gesund und zuversichtlich zu bleiben. Trotz aller Einschränkungen, Vereinsamung, Lockdown, Kurzarbeit, Kindergarten- und Schulschließungen mit Homeoffice und allem, womit ihre Beschäftigten in ihren unterschiedlichen Lebenssituationen konfrontiert waren. Die Unsicherheit und Unplanbarkeit machten vielen Menschen zu schaffen. Kommt der nächste Lockdown? Bleiben die Schulen offen? Wie lange bleibe ich noch im Homeoffice? Kann ich meinen Urlaub planen – und wohin? Darf ich mich mit Freunden treffen? Welche Regeln gelten gerade?

Resilienz: die seelische Widerstandskraft
Ungewissheit, Katastrophen, Unangenehmes gehören zum Leben dazu. Kein Mensch weiß, was im nächsten Moment passiert. Es wird auch immer wieder Misserfolge und Kritik geben. Doch gibt es Menschen, die dieses „Leid“ noch zusätzlich verstärken: durch negative Grübeleien, harsche Selbstkritik und überzogene Erwartungen an sich selbst. Es gibt aber auch Menschen, die wie ein Fels in der Brandung stehen, die ihren Blick freudig nach vorne richten, die von der Kritik nur das verwerten, was hilfreich ist. Man nennt solche Menschen auch resilient, weil sie über eine große psychische Stärke verfügen und selbst aus Niederlagen gestärkt hervorgehen. Diese seelische Widerstandskraft entsteht oft früh im Leben und ist teilweise sogar genetisch bedingt. Die gute Nachricht: wir können auch als Erwachsene aktiv daran arbeiten.

Grundhaltung von resilienten Menschen
Als besonders bedeutungsvoll für die seelische Widerstandskraft sind laut Resilienzforschung Optimismus, Akzeptanz und Lösungsorientierung. Dabei geht es darum, auch das Unangenehme, Leidvolle anzunehmen, um dann voller Zuversicht und optimistisch in die Zukunft zu blicken und nach Lösungen zu suchen. Resiliente Menschen übernehmen Verantwortung, sie gestalten aktiv ihre Beziehungen, pflegen ihre sozialen Kontakte und holen sich Unterstützung, wenn nötig. Sie haben eine positive Erwartung an die Zukunft und tun alles, um die richtigen Weichen zu stellen. Sie haben außerdem die Fähigkeit zur Selbstregulation, d.h. sie schaffen es, Körper, Geist und Seele in Einklang zu bringen. Sie übernehmen für ihre Gesundheit Verantwortung und sorgen für eine Balance zwischen Spannung und Entspannung, Belastung und Entlastung.

Optimisten leben länger und sind glücklicher
Wie stark der Einfluss unserer Gedanken auf unser Wohlbefinden ist, wurde in vielen Studien gezeigt. Eine optimistische Denkweise soll sich demnach positiv auf die Gesundheit, das seelische Wohlbefinden und die Beziehungen auswirken. Sie soll zu mehr Selbstvertrauen, Ausgeglichenheit und Gelassenheit führen. Es gibt tatsächlich eine Studie, die zeigen konnte, dass Optimisten länger leben. Die Optimisten unter uns wissen: Uns geht es besser. Wir sind zufriedener, erfolgreicher, glücklicher und kreativer. Wir glauben daran, dass uns gelingt, was wir anpacken. Wir versuchen, aus allem, was passiert, das Beste zu machen. Wir akzeptieren, was ist, lassen los, was nicht ist und packen das an, was veränderbar ist. Wir genießen auch die kleinen Dinge und sind sehr dankbar.

Worin sich Optimisten von Pessimisten unterscheiden
Optimisten haben eine positive Einstellung zum Leben und zur Welt. Sie sind überzeugt, dass kritische Lebensereignisse vorübergehend sind und dass sie sie bewältigen können. Sie erwarten eine positive Zukunft. Pessimisten hingegen haben eine eher negative Einstellung zum Leben und der Welt. Sie sind überzeugt, dass kritische Lebensereignisse schlimm ausgehen werden und sie keinen Einfluss darauf haben.

Optimisten und Pessimisten haben unterschiedliche Erklärungsmodelle für Misserfolg oder Unglück. Ein Optimist glaubt, dass der Misserfolg nicht an ihm liegt, vorübergehend und abhängig vom Kontext ist. Ein Pessimist glaubt, dass der Misserfolg ihm zuzuschreiben ist, dass es immer so ist, unabhängig von der Situation. Wenn bei einem Optimisten ein Vorstellungsgespräch schlecht läuft, würde er es sich so erklären: „Der Personalentwickler hatte einfach einen schlechten Tag. Das war heute eine gute Übung für mich, auch wenn ich die gewünschten Berufserfahrungen nicht vorweisen konnte. Beim nächsten Mal wird das sicher besser laufen.“ Bei einem Pessimisten könnte die Erklärung so aussehen: „Ich kann mich einfach nicht gut präsentieren. Das werde ich wohl nie lernen. Den Job kann ich abschreiben. Ich bin einfach nicht gut genug.“  Was glauben Sie, welche Einstellung ist hilfreicher?

Selbsterfüllende Prophezeiung
Unser Gehirn ist darauf programmiert, unser Überleben zu sichern. Deshalb konzentriert es sich auf mögliche Gefahren und sieht eher die negativen Dinge. Der Neuropsychologe Rick Hanson sagt: „Das Gehirn ist wie ein Klettverschluss für negative Erfahrungen, aber Teflon für positive.“ Das heißt, dass unser Gehirn stärker auf negative Reize reagiert und dass Negatives eher kleben bleibt. Positives wird jedoch schnell vergessen oder ausgeblendet. Schließlich ist das für das Überleben unwichtig.

Dieses negative Gedankenmuster hat einen Nachteil. Denn wenn ich stets das Negative erwarte, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass dies tatsächlich eintritt. Wenn ich also glaube, dass ich mich bei einem Vorstellungsgespräch schlecht präsentiere, werde ich mich selbst so unter Stress setzen, dass mir tatsächlich nichts einfällt. Die sich selbst erfüllende Prophezeiung bestätigt Vorurteile und negative Erwartungen, die wir selbst produzieren und oft nicht der Realität entsprechen. Von Henry Ford stammt der Satz: „Ob du denkst, du kannst es, oder du kannst es nicht. Du wirst auf jeden Fall recht behalten.

Optimismus stärken im neuen Jahr
Ob ich Optimist oder Pessimist bin, habe ich zum Teil in die Wiege gelegt bekommen, zum Teil ist es anerzogen und die gute Nachricht: zum Teil kann ich es auch selbst beeinflussen. Es gibt zahlreiche Übungen, die eine resiliente und optimistische Haltung stärken können. Hier drei Dinge, die Sie sofort tun können, um Ihren Optimismus im neuen Jahr zu stärken:

  1. Starten Sie positiv in den Tag. Tun Sie am Morgen etwas für sich: Yoga, Meditation, Joggen oder einfach eine kurze Atemübung. Machen Sie sich bewusst, dass der Beginn des Tages die Stimmung für den restlichen Tag prägt.
  2. Seien Sie freundlich zu sich und den anderen. Hierfür reichen kleine Gesten: ein ehrliches Lächeln, Aufmerksamkeit, zuhören, ein Kompliment, eine nette Notiz. Kleinigkeiten, die weder viel Zeit noch Geld kosten, aber von Herzen kommen.
  3. Beenden Sie dankbar den Tag. Erinnern Sie sich an die kleinen positiven Momente des Tages und schreiben Sie am Abend auf, wofür Sie dankbar sind – oder sprechen Sie darüber, wenn Sie in Gemeinschaft mit anderen leben.

Ich wünsche Ihnen, dass Sie zuversichtlich und optimistisch in das neue Jahr blicken. Wir können die Wellen des Lebens nicht aufhalten, aber wir können lernen, darauf zu reiten. Also üben Sie sich darin, darauf zu reiten und glauben Sie daran, dass es Ihnen gelingt. Denn Sie wissen ja: Ob Sie glauben, dass Sie es können oder glauben, dass Sie es nicht können. Sie werden in jedem Fall recht behalten.