Der Weg zum Glück

„Der Weg zum Glück besteht darin, sich um nichts zu sorgen, was sich unserem Einfluss entzieht“.
Dieses Zitat stammt von Epiktet, der vor etwa 2000 Jahren gelebt hat. Ist das in unserer Zeit noch relevant?

Ich glaube schon. Wie oft sind wir genervt von anderen Menschen, die wir nicht ändern. Wie oft sind wir gestresst vom Chaos des Alltags, das einfach geschieht. Wie oft machen wir uns Sorgen um Dinge, die niemals eintreten. Ganz ehrlich: die meisten Dinge, um die wir uns sorgen, treten nicht ein, oder?

Wenn es uns gelänge, uns um nichts zu sorgen, was sich unserem Einfluss entzieht, wären wir so viel glücklicher und gelassener. Stellen Sie sich vor, welche Auswirkungen das auf uns, unser Umfeld und die Gesellschaft hätte. 
 
Ich stolpere immer wieder über die stoische Philosophie, die so einiges mit der Achtsamkeit gemeinsam hat. Die stoische Philosophie wurde in Athen im frühen 3. Jahrhundert v. Chr. begründet und prägte Denker wie Epiktet, Seneca und Marc Aurel. Sie waren der Überzeugung, dass der einzige wahre Reichtum im Leben moralischer Reichtum ist und betonten Tugenden wie Mut, Gerechtigkeit, Weisheit und Mäßigung.
 
Ein weiterer wichtiger Aspekt des Stoizismus ist, sich auf das Hier und Jetzt zu konzentrieren und alles, was außerhalb unserer Kontrolle liegt, loszulassen. Vielleicht kann das eine Einladung sein, unsere Vorstellungen von Kontrolle, Macht und Vorhersagbarkeit zu überdenken. Wir streben nach einer Welt, in der alles vorhersehbar, kontrollierbar und beherrschbar ist. Und doch erleben wir, dass das nicht so ist – und das erzeugt Stress. Kriege, Überschwemmungen, Erdbeben, Trockenperioden und Klimaveränderungen nehmen zu, wir werden täglich mit negativen Nachrichten aus aller Welt konfrontiert. Durch die Digitalisierung verändert sich die Berufswelt immer schneller, die künstliche Intelligenz dringt in unser Leben ein und zeigt uns Begrenzungen des menschlichen Denkens. Die Corona Epidemie hat so manche Spuren hinterlassen.
 
Und es gibt so vieles anderes im Chaos des Lebens, das wir nicht kontrollieren können – auch wenn wir das manchmal glauben. Wir werden altern, wir werden enttäuscht, wir werden mit Krankheit und Tod konfrontiert, wir erleben stressige Momente, wir machen Fehler. Buddha hat das mal den ersten Pfeil genannt, der uns trifft. Auf all das haben wir wenig bis keinen Einfluss. Unser Einflussbereich liegt darin, wie wir mit diesen Ereignissen und Schwierigkeiten umgehen und wie wir darauf reagieren. Verurteilen wir uns selbst und verstärken die negativen Emotionen dadurch: „Ich bin so blöd“, „Ich kann das nicht…“, „Ich muss …“, „Immer ich“ und so weiter? Das ist laut Buddha der zweite Pfeil. Den schießen wir auf uns selbst ab. Stattdessen könnten wir aber auch erkennen, dass wir jetzt darauf keinen Einfluss haben und es akzeptieren. Wir könnten in Würde altern und loslassen, was zur Jugendzeit gehört. Wir könnten mitfühlend mit uns umgehen und aus Fehlern lernen. Wir könnten geduldig sein und anerkennen, dass sich so manches nicht erzwingen lässt. Wir können vertrauen, dass alles gut wird.
 
Die Stoiker lehren ein Schlüsselprinzip der Achtsamkeit: die Erkenntnis, dass wir die Herausforderungen des Lebens nicht ändern, aber unsere Reaktionen darauf steuern können, um mit der Situation besser umzugehen. Das erlaubt uns, Schwierigkeiten als Teil des Lebens zu akzeptieren und Wege zu finden, damit konstruktiv umzugehen: mit Willenskraft, mit Optimismus und Selbstempathie. 
 
So weist auch das moderne Konzept der Resilienz Überschneidungen mit den Prinzipien der stoischen Philosophie auf. Dabei geht es darum, innere Stärke und Gelassenheit zu entwickeln, indem Dinge akzeptiert werden, die nicht zu ändern sind und die Dinge, die wir kontrollieren können, aktiv zu beeinflussen. Dabei helfen Optimismus und positive Emotionen, die Überzeugung selbstwirksam zu sein, Geduld, Disziplin und stabile Beziehungen bzw. die Verbundenheit mit anderen Menschen.
 
Ich denke, dass es eine wichtige Zukunftsfähigkeit ist, mit Unsicherheit umzugehen und zu akzeptieren, dass der Wandel unvermeidlich ist. „Panta rhei“ oder alles fließt… das einzig Beständige im Lauf der Zeit ist die Veränderung. Alles geht vorbei. Wir können viele Dinge nicht verhindern, aber wir haben Einfluss darauf, wie wir damit umgehen. Konzentrieren wir uns also auf das, was wir tatsächlich kontrollieren können: unsere Gedanken, Gefühle, Einstellungen, Ziele, Meinungen, Wünsche, Träume… 
 
Auch wenn die Achtsamkeit ihre Wurzeln in der buddhistischen Tradition hat, so gibt es doch gewisse Gemeinsamkeiten mit der stoischen Philosophie, z.B. die Konzentration auf das Hier und Jetzt. Indem wir unsere Aufmerksamkeit bewusst auf den gegenwärtigen Moment lenken, gelingt es uns, Vergangenes sowie Sorgen in der Zukunft loslassen. Beide Ansätze, die Achtsamkeit und der Stoizismus, bieten uns wertvolle Hinweise, unsere mentale und emotionale Gesundheit zu stärken, bewusster zu leben und eine starke Verbundenheit zu uns selbst, anderen Menschen und der Umwelt zu spüren. Damit haben wir einen Schlüssel in der Hand, der uns innere Ruhe und Gelassenheit schenken kann – mitten in all dem Chaos und der Stürme des Lebens.

Erinnern wir uns ab und zu daran, uns nur um das zu sorgen, worauf wir Einfluss haben.

 

Der Weg zum Glück